Ohne schwarze Farbeimer aufs Tanzparkett

Ich hatte einmal eine Kundin, die nach einer sehr schweren Krankheit wieder in ihren Beruf einsteigen wollte. Vonseiten ihres Unternehmens wurde sie durch ein berufliches Wiedereingliederungsverfahren unterstützt. Zu mir kam sie mit der Hoffnung, ihre Leichtigkeit und ihren Optimismus wiederzufinden, die ihr, wie sie sagte, durch die schlimme Krankheit völlig abhandengekommen waren.

Ich würde mich als Experten für Leichtigkeit und Optimismus beschreiben, aber die Geschichte dieser Frau berührte mich sehr. Das Leben ist manchmal nicht fair und das Schicksal ein Arschloch. (Sorry, aber in ihrem Fall war es eindeutig so.)

Eine meiner persönlichen Metaphern für Kurzzeit.Coaching lautet: Es ist wie ein gemeinsamer Tanz. Aber ich weiß noch genau, wie schwer ich mich am Anfang dieses Coachings mit dem Tanzen getan habe.

Gefühlt saß meine Kundin mit zwei großen Eimern schwarzer Farbe vor mir. Sie hatte keinen Pinsel dabei, sondern einen dicken Quast. Auf jede vorsichtig von mir gestellte, lösungsfokussierte Frage hielt sie ihren Quast in einen Eimer und malte alles tiefschwarz.

Ich gebe zu, dass ich für einen kurzen Moment darüber nachgedacht habe, mir auch einen Quast zu holen und mit ihr gemeinsam alles schwarz zu malen. Wahrscheinlich wäre ich sogar noch in den Baumarkt gefahren, um Nachschub an schwarzer Farbe zu besorgen.

Für das, was diese Frau erlebt und durchgemacht hatte, hätten zwei Eimer gar nicht ausgereicht. Nach der denkbar umfassendsten Würdigung ihrer schweren Situation begann ich, sie zum Tanzen einzuladen, oder vielleicht besser gesagt: aufzufordern.

Ich sagte ihr, dass ich großen Respekt davor habe, was sie alles in der Vergangenheit hat durchmachen müssen. Und in der Gegenwart noch durchmachen muss. (Ihr Mann hatte sie am absoluten Tiefpunkt ihrer Krankheit „für eine bedeutend jüngere Frau“ verlassen, stritt sich jetzt im Rahmen der Scheidung per Anwalt mit ihr über Geld und wollte, dass sie das gemeinsame Haus verkaufte, in dem sie noch lebte und an dem sie sehr hing.)

Dann sagte ich ihr, ich sei aber gerade auch furchtbar neugierig auf das, was sie sich für ihre Zukunft erhoffe. Sie fragte mich, ob ich denn glaube, dass es etwas gäbe, worauf sie hoffen könne? Ich antwortete ihr, dass ich mich für nichts in der Welt von meiner Hoffnung und Zuversicht auf eine bessere Zukunft abbringen lasse. Auch nicht in ihrem Fall. Darf ich bitten?

Und dann begann der Tanz…

Der war am Anfang weder schnell noch wild. Aber es gelang ihr nach und nach, sich ihrer erwünschten Zukunft bewusst zu werden und Möglichkeiten und Lösungen für sich zu entdecken.

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